Sonntag, 24. September 2017

Traum-Reise


Am Sonntag, 10 September fuhr ich frühmorgens zum Flughafen Irkutsk und erwartete dort Monica, ein weiterer Gast aus der Schweiz. Als ich ankam, war das Flugzeug jedoch schon gelandet, sie hatten offensichtlich starken Rückenwind, denn sie waren sicher 15 Minuten vor der planmässigen Landung schon angekommen. Aber zum Glück dauert es ein Weilchen mit dem Aussteigen und so weiter, so dass ich Monica trotzdem rechtzeitig empfangen konnte.
Gemeinsam fuhren wir mit dem Taxi zur Auberge theatrale ins Herzen der Stadt zurück. Monica musste sich erstmal ein wenig vom Jetlag erholen und schlief ein paar Stunden. Danach machten wir einen Stadtrundgang und kauften am Zentralen Markt viele leckere Sachen ein. 






Kurz vor dem Mittag fuhren wir am Montag los Richtung Baikalsee. Eine schöne Fahrt über das Olcha-Plateau, der Wald zeigte sich bereits herbstlich bunt. Das Wetter war perfekt und am Strand von Kultuk waren wir die einzigen Gäste. So konnten wir den Baikal für uns geniessen und Monica wagte sich sogar ins doch inzwischen kühle Wasser. 



Das Nachtessen bestand aus Risotto mit frischen Pilzen vom Markt.
Am Dienstagmorgen fuhren wir los mit dem Ziel Arshan. Unterwegs besuchten wir in Bystraja das märchenhafte Anwesen des Künstlers Andrej V. Mikhailov > http://multiki2006.narod.ru/menu.htm . Er ist übrigens sehr daran interessiert, Kontakte in alle Welt zu knüpfen und führt auf seinem Anwesen spannende Workshops durch. Bei Interesse bitte bei mir melden! Ich kann es sehr empfehlen. Zeichnen und malen am Baikalsee und in der malerischen Umgebung des Tunkatals, bildnerisches Gestalten und vieles mehr.  Er ist ein Tausendsassa und unglaublich produktiv. Die Führung im Magirus hat ihm auch sehr gefallen und er war hell begeistert. Beglückt von diesen kreativen Menschen fuhren wir nach Arshan und hinein ins Naturschutzgebiet des Tunkatals. Im Kurort Arshan angekommen, klopfte ich bei der Pension „Monetnyi Dvor“ an. Diese ist mir bereits letztes Jahr aufgefallen, da es eine grosszügige Anlage ist mit einem Einfahrtstor und Parkplatz, welche gross genug für den Magirus sind. 



Und mit Olga fanden wir eine grossartige Gastgeberein. Mama Vollgas! 



Ich organisierte für Monica ein Zimmer, doch eigentlich wollte sie lieber im Magirus bleiben... Wir gingen im Kurpark und im Dorf spazieren, versuchten, ob Monica die Wanderung auf den Pik Ljubvi machen konnte, da sie am Knie verletzt war. Aber als sie sah, wie steil das rauf und entsprechend wieder runter ging, entschied sie, nichts zu riskieren. Zurück zur Pension und dann erstmal Nachtessen. 



Am darauf folgenden Tag wanderten wir zum bekannten Wasserfall von Arshan und dann doch noch etwas den Berg hinauf, wo wir mit einem prächtigen Blick über das Tal belohnt wurden. Nicht halb so streng wie auf den Pik Ljubvi, dafür sahen wir aber auch nur das halbe Tal. 



Am Nachmittag ein Spaziergang durch den Steingarten zum buddhistischen Kloster von Arshan, das sich sehr schmuck in die Berglandschaft einfügt. 




Nach dem Nachtessen im Magirus gab es Banja, je etwa eine Stunde. Immer wieder eine Wohltat, die Banja war aber auch richtig eingeheizt!
Am Donnerstag, 14. September ging unsere Reise weiter. Nach dem Frühstück ging ich zu Olga um zu bezahlen, blieb jedoch bei ihr hängen, da sie gerne mit uns plauderte. Interessant und herzlich war’s. Auf dem Weg nach Zhemchug liess ich Monica ein paar Kilometer fahren und sie machte es ganz gut für’s erste Mal! 



Nach etwa einer Stunde trafen wir im Kurort Zhemchug ein, bekannt für seine heisse Quelle. Da wir in der Nebensaison unterwegs waren, standen wir ganz alleine auf dem Camping. Nur Kühe und Hunde. Auch im Dorf war nicht mehr viel los, die Marktstände praktisch alle leer. Dafür war das Badebecken nicht überfüllt und sehr angenehm.



Da es gerade so schön und eben angenehm war, blieben wir gleich noch einen Tag. Diesen verbrachten wir mit Spazieren, Nichtstun, Lesen, Baden, Essen, Wärme und Sonne geniessen. 





Der nächste Tag sollte etwas anstrengender werden, müssen wir doch sicher sieben Stunden fahren und durch die Grenzzone. Unser Ziel am heutigen Samstag war Orlik. Die Strasse bis Mondy ist hervorragend, wir kamen gut voran durch die liebliche Herbstlandschaft mit goldig-bunten Wäldern und hohen Berge. 




Beim Schlagbaum der Grenzzone angelangt, dauerte das Prozedere trotz Bewilligung des FSB (ehem. KGB) fast zwei Stunden. Es ist Nichtrussen nur mit Bewilligung gestattet, sich in der Nähe der mongolischen Grenze aufzuhalten. Wieso kann niemand so genau sagen. Aber es musste schlussendlich ein höherer Beamter her um uns eingehend zu überprüfen. Sozusagen der wichtigste Mann im Tal. Und wieder einmal wurde alles fein säuberlich von Hand in ein ominöses Buch eingetragen...




Nach Mondy bog die Strasse rechts ab auf unbefestigte Schotterpiste, die immer schlechter wurde. Hinein ging es in das Tal des Flusses Irkut. Unterwegs schauten wir uns noch einen heiligen buddhistischen Platz an mit sehenswerter Aussicht. 




Die Strasse schlängelte sich durch die Schlucht empor bis wir mit einem Schlag die offene Ebene des Oka-Plateaus erreichten. Auch die Landschaft änderte sich schlagartig. Von Wald- und Flusslandschaft in offene Tundra. Spektakulär! Monica war überwältigt und ich bin es auch jedesmal. 




Nachdem wir etwa fünf Stunden richtig gut durchgeschüttelt waren, erreichten wir endlich die Ortschaft Orlik und unseren Platz für die nächsten drei Tage. Im goldenen Wald am Ufer des Flusses Oka. Mir fehlen auch heute immer noch die Worte...



Am nächsten Tag, wir haben bereits Sonntag, spazierten wir der Oka entlang nach Orlik um das Dorf anzuschauen und einzukaufen. Das Wetter war mässig toll, kühl und immer wieder Regen, dazwischen Aufhellungen. Auf dem Rückweg landete vor unseren Augen ein Helikopter, der ein Kleinkind aufnahm und in die Stadt flog. Offensichtlich gibt es auch hier eine Luftrettung.





Gegen Abend klarte das Wetter immer mehr auf und ich konnte die übriggebliebenen Bratwürste aus der Schweiz noch auf dem Feuer grillieren. Hauptsache feuern...! Dazu gab es Rösti und zum Dessert Stalden-Creme... Mehr Schweiz am Ende der Welt ging nicht!! Und als es dunkel wurde, zeigten sich dermassen viele Sterne, dass es schon fast unglaublich wirkte.



Der darauffolgende Tag bescherte uns einen Sonnenaufgang, der sich gewaschen hatte und wir nutzten den Tag, um auf den Berg gleich hinter uns zu wandern. 

 




Das Wetter bilderbuchmässig und die Sicht fantastisch! 





Nach der Rückkehr musste erst einmal ein Bier her gegen den Muskelkater. Und es war wirklich sehr warm, so warm, dass wir im Bergbach baden gingen. Und nicht zu vergessen: wir befanden uns in Ostsibirien, Mitte September auf ca. 1'500 m.ü.M.!! Nach dem Nachtessen machte ich wieder ein riesen Feuer und wir schauten uns lange schweigend die Pracht des Sternenhimmels über Burjatien an.






Heute Dienstag hiess es wohl oder übel Abschied nehmen von diesem malerischen Ort und uns über die Holperpiste nach Mondy zu quälen. Dort trafen wir wieder auf den kleinen Wichtigstinker, der nun seine Macht voll ausspielte. Er meinte, wir seien gar nicht in Orlik gewesen, da uns niemand gesehen hätte. Anhand von Fotos konnte ich es ihm jedoch beweisen. Danach befahl er uns unter Androhung von heftigen Sanktionen, wir sollten uns auf der Migrationspolizei im Bezirkshauptort Kyren melden, da er irgendein Problem mit meinem Arbeitsvisum hatte. Nun gut, fuhren wir halt nach Kyren, es lag am Weg. Dort angelangt, wussten sie offenbar schon Bescheid und wir mussten noch ein wenig warten. Nach etwa zehn Minuten führten sie uns in ein Büro zu einer ganz netten Offizierin. Der kleine Wichtigstinker rief mich an, um zu fragen, wo wir seien. Ich gab ihm die nette Dame und somit war das Problem erledigt. Es gesellte sich noch ein Herr des FSB dazu und wir unterhielten uns über dies und das, vor allem wollte er viel von der Schweiz wissen. Irgendwann kam dann aus, dass sie ein Problem mit meinem Arbeitsvisum hatten, da ich ja als Tourist unterwegs war. Für Monica bestand nie nur ein Funken eines Problems. Doch die nette Dame und der Herr vom FSB wussten nicht so recht, was zu tun sei. Im Gespräch der beiden hörte ich heraus, dass wir ja keine Chinesen seinen, die illegal arbeiten und es deshalb auch kein Problem gab. Und so liessen sie uns ziehen, ohne nur eine Notiz gemacht zu haben. Völlig überflüssig das Ganze, unangenehm und zeitraubend. Aber Hauptsache, der kleine Wichtigstinker zeigte uns, wer hier der Chef im Tal ist...! Wir fuhren dann weiter bis nach Zhemchug, wo wir erst einmal ein Bier auf den ganzen Schrecken tranken. Zum Nachtessen gingen wir das erste Mal auswärts und Monica kostete die burjatische Spezialität „Posi“. Es hatte ihr sehr gut geschmeckt. Für mich gab’s Schaschlik. 




Der nächste Tag war ein fauler Tag. Und trübe. So verbrachten wir den Morgen mit Lesen, freie Zeit geniessen und Baden. Sowie noch ein bisschen „shoppen“. Wir entdeckten eine ganz spezielle Spezialität, nämlich im Vodka eingelegte Wurzeln eines Strauches, der ganz selten ist und in den Bergen wächst. 10 bis 15 Tropfen davon täglich im Tee oder heissen Wasser und es soll gegen Müdigkeit und allgemein gegen körperliches Unwohlsein wirken.
Am späteren Nachmittag fuhren wir wieder nach Arshan zu Olga, die sich sehr über unseren erneuten Besuch freute. So sassen wir lange bei ihr in der Küche und ich übersetzte so gut es eben ging. Nach dem Nachtessen gönnten wir uns wieder eine Schwitzkur in der Banja.
Der Donnerstag, 21. September fing wettermässig sehr verhangen und regnerisch an. 




Wir verabschiedeten uns von Olga, sie fuhr nach Kyren. Wir zogen uns richtig an, trotzten dem Wetter und marschierten zu Fuss nach Alt-Arshan oder Suburga, wo sich auch eine Mineralquelle befindet. Nach etwa zwei Stunden fanden wir diesen mystischen und verwunschenen Kraftort tief versteckt im Wald. Als wir zurückkehrten, zogen auch die Regenwolken vorüber und die Sonne kam zum Vorschein. 






Am späteren Nachmittag fuhren wir wieder nach Kultuk an den Baikal. 



Nachdem wir ankamen und uns eingerichtet hatten, schauten wir uns um und es kam uns vor, als seien wir aus einem Traum erwacht. Der Traum begann hier in Kultuk und genau hier erwachten wir wieder. Geträumt hatten wir eine wundervolle Reise ins Tunka- und Oka-Tal! 
Das Erwachen wurde uns leichter gemacht, indem wir einen grandiosen Sonnenaufgang über dem Baikalsee geschenkt bekamen...